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Das Labyrinth der Engel

Story:
Paris zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts. Die Hebamme Louise Bourgeois hat sich mit ihrer guten Arbeit Anerkennung bis in höchste Kreise erworben und durfte als königliche Leibhebamme sogar schon Prinzessinen und Prinzen auf die Welt helfen. Zu ihren besten Freundinnen gehört auch Estiennette Rimbault, die Oberhebamme des Hôtel-Dieu.

Als das Aufnahmebuch des Hospitals bei der Kathedrale von Notre-Dame gestohlen wird, bittet Rimbault ihre Freundin um Hilfe. Denn wenn bekannt würde, welche Damen aus der besseren Gesellschaft in aller Stille im Hôtel-Dieu entbunden haben, könnte das für einen großen Skandal sorgen. Bald zeigt sich jedoch, dass das Verschwinden des Buches nur ein Zipfel eines weitreichenden Geheimnisses ist. Aber wie hängt die gesellschaftlich skandalöse Liebe zwischen einer junge Katholikin und einem Protestanten mit all dem zusammen? Den beiden stellen sich auf dem Weg zum Glück viele Hindernisse in den Weg.

Meinung:
Man könnte sagen, "Das Labyrinth der Engel" ist ein Buch mit zwei Gesichtern. Einerseits bekommt man, wie die Klappentexte es auch nahelegen, einen historischen Krimi. Wirklich ermittelt, wie man es aus anderen Kriminalromanen gewohnt ist, wird zwar nicht. Die Protagonisten beschränken sich im wesentlich darauf, sich zu versichern, dass man sich bei Gelegenheit einmal umhören werde. Mit verschiedenen Mitteln schafft die Autorin aber trotzdem, dass ordentlich Spannung aufkommt. Am wichtigsten dürfte dabei die Mosaikstruktur der Geschichte sein. Der sprichwörtliche rote Faden wird in Stücken präsentiert, mal erhellt hier ein Schlaglicht die Zusammenhänge, mal dort. So weiß der Leser bald mehr als die handelnden Personen und sieht mehr von der Gefahr, in der sie schweben. Außerdem ahnt man schnell, dass der Diebstahl des Aufnahmebuchs nur der Anfang ist und die Intrigen und bösen Absichten noch viel weiter reichen.

Das andere Gesicht ist das eines klassischen Liebesabenteuers: Eine junge Frau und ein junger Mann sind voneinander fasziniert, aber ihrem Glück stellen sich viele Hindernisse in den Weg. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Verlag bei der Präsentation des Buches auch diesen Blickwinkel berücksichtigt hätte, denn die Liebesgeschichte kann durchaus für sich alleine bestehen. Der Leser beginnt sich schnell für die beiden gebeutelten Liebenden zu interessieren, und man hofft mit, dass sie am Ende doch glücklich zusammenfinden mögen.

An den Sprachstil beider "Hälften" wird mancher Leser sich zunächst gewöhnen müssen. Er ist, nicht nur in den Dialogen, an die recht förmliche Ausdrucksweise der damaligen Zeit angelehnt. Man findet aber bald Gefallen daran, manchmal fühlt man sich sogar an große Namen wie Alexandre Dumas erinnert. Auch die häufigen Zeitsprünge machen es nicht einfacher, in die Geschichte hineinzufinden. Denn die bereits angesprochene Mosaikstruktur ist auch beim zeitlichen Ablauf zu finden. Auf einen Abschnitt, der in der erzählerischen Gegenwart des Jahres 1609 spielt, folgt ein Kapitel, das rund zwanzig Jahre früher spielt, bei anderer Gelegenheit geht es einige Monate oder Wochen in Vergangenheit oder Zukunft. Häufig erhellt eine Szene, die zeitlich weiter zurückliegt, aber erst später im Buch erzählt wird, etwas, was dem Leser bereits präsentiert wurde. Gleiches gilt für die Tatsache, dass es nicht nur eine Figur gibt, aus deren Sicht der Leser die Handlung miterlebt. Man sieht durch die Augen von rund einem halben Dutzend Charaktere, von denen jeder ein kleines Steinchen des Gesamtbilds beiträgt.

Wenn sich aber erst mal abzeichnet, was auf diesem Gesamtbild zu sehen sein könnte, kann die Autorin ihr beachtliches erzählerisches Talent ausspielen. Vielen anderen wäre beispielsweise die erste gemeinsame Szene der schwer verliebten Sophie und Jean-Philippe in reinen Kitsch abgeglitten. Brebeck schafft eine Atmosphäre, in der der Leser die Anziehung und auch das erotische Knistern zwischen den beiden spüren kann.

Dabei mag eine Rolle spielen, dass Hannah Brebeck studierte Psychologin ist. Die im Rheinland und Südamerika aufgewachsene Autorin studierte zunächst Pädagogik und arbeitete als Lehrerin, bevor sie sich zum erneuten Besuch der Universität entschloss. Einige Zeit war sie dann Lehrbeauftragte an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, heute arbeitet sie als Diplom-Psychologin. "Das Labyrinth der Engel" ist ihr erster Roman.

Ausdrücklich will sie ihr Debut als fiktionale Geschichte verstanden wissen. Allerdings haben einige der Figuren, denen der Leser begegnet, tatsächlich gelebt. Estiennette Rimbault oder Jeanne La Page beispielsweise sind historisch, auch wenn geschichtlich nicht viel mehr als ihre Namen und ihre Ämter im Hôtel-Dieu bekannt sind. Genug Raum für die Autorin also, ihnen ihre eigene Geschichte zu geben. Auch historische Details und Abfolgen biegt Brebeck sich häufiger so zurecht, wie sie es für die Handlung braucht. Es fällt aber schwer, ihr diese "Fehler" übel zu nehmen, zumal sie sie in keiner Weise versteckt. Dieser historische Roman ist eindeutig mehr Roman als historisch.

Speziell Louise Bourgeois hat ein reales Vorbild: Marie-Louise Bourgeois war eine der bekanntesten Hebammen im Europa des siebzehnten Jahrhunderts. Dazu trug nicht nur ihre Position als königliche Leibhebamme bei, sondern insbesondere ihr Buch, in dem sie ihr über mehrere tausend Entbindungen gesammeltes Wissen aufschrieb. Das auch ins Deutsche übersetzte "Hebammenbuch" war lange Zeit eines der Standardwerke ihrer Zukunft.

Das wahre Leben von Marie-Louise Bourgeois liest sich fast wie ein Roman: Aus einer vornehmen Familie stammend heiratete die junge Frau einen Militärchirurgen, mit dem sie drei Kinder bekam. Als ihr Ehemann nach wenigen Jahren starb, ließ Bourgeois sich zur Hebamme ausbilden, um ihre Familie ernähren zu können. Von den Armenvierteln von Paris aus arbeitete sie sich in die feine Gesellschaft empor, bis man ihr die Geburt von Thronfolgern anvertraute und sie, wie erwähnt, ein weithin anerkanntes Lehrbuch schreiben konnte. Jahre nach der Zeit, in der "Das Labyrinth der Engel" spielt, musste die "wirkliche" Hebamme sich jedoch gegen Vorwürfe und Anfeindungen wehren. Eine Hofdame der Königin war an Kindsbettfieber gestorben. Da diese Krankheit zur damaligen Zeit noch kaum verstanden wurde, konnten vor allem rivalisierende Ärzte, denen die heilkundige Frau ein Dorn im Auge war, daraus Vorwürfe gegen Bourgeois konstruieren. Dank ihres mittlerweile erreichten gesellschaftlichen Status konnte die Hebamme diese Auseinandersetzung jedoch für sich entscheiden.

Die nicht nur in Paris zu findenden Hôtel-Dieu oder "Herbergen Gottes" waren übrigens ursprünglich Gästehäuser für Pilger, die sich im siebzehnten Jahrhundert jedoch längst zu Hospitälern geworden waren. Das unmittelbar neben Notre-Dame gelegene Hôtel-Dieu de Paris, um das es in diesem Roman geht, war eines der renommiersten seiner Art in Europa und bis in die Renaissance hinein sogar das einzige Hospital der Stadt.

Am Anfang des Buches findet man ein kurzes Personenregister und einen Plan des mittlelalterlichen Hôtel-Dieu, am Ende ein knappes Glossar und wiederum den Grundriss des Hospitals. Sowohl die Erläuterungen zu den Personen als auch zu den Begriffen hätten jedoch ausführlicher ausfallen können. Mancher Leser wäre dankbar gewesen für eine kurze Gedächtnisauffrischung, wenn etwa ein rund hundert Seiten zuvor ein Mal erwähnter Charakter plötzlich wieder auftaucht, oder für eine kurze Erläuterung, was in der damaligen Zeit unter einem "Hausherrn" verstanden wurde.

Fazit:
Hannah Brebecks Debütwerk konfrontiert den Leser mit einigen ungewohnten Aspekten, insbesondere einer mosaikartigen Erzählweise, die das Gesamtbild Stückchen für Stückchen ausleuchtet. Hat man sich aber daran gewöhnt, kann die Autorin ihr erzählerisches Talent ausspielen, und der Leser kann sich an einer spannenden Melange aus Kriminalgeschichte und Liebesabenteuer erfreuen. Dass sie dabei öfter mal historische Abläufe so umbiegt, wie sie es für die Handlung braucht, nimmt man ihr nicht wirklich übel.

Das Labyrinth der Engel - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Hannah Brebeck
Das Labyrinth der Engel
Erscheinungsjahr: 2011



Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck

Verlag:
Pendo Verlag

Preis:
€ 16,95

ISBN:
978-3-88612-284-0

320 Seiten
Positiv aufgefallen
  • Eine gelungene Melange aus Kriminalgeschichte und Liebesabenteuer, bei dem beide ihr Recht erhalten
  • Mit ihrem erzählerischen Talent schafft es die Autorin, manche Klippe etwa in Richtung Kitsch zu umschiffen
Negativ aufgefallen
  • Der an die damalige Zeit angelehnte Sprachstil und insbesondere die mosaikartige Erzählstruktur sind gewöhnungsbedürftig
  • Personenregister und Glossar hätten umfangreicher ausfallen können, da man gelegentlich schon gerne nachschlagen möchte, wer oder was das nun wieder genau war
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Rezension vom: 19.07.2011
Kategorie: Historisches
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