Star Trek TNG 6: Den Frieden verlieren
Story:
Die
Borg sind Geschichte. Nach den Ereignissen der “Destiny”-Trilogie muss
sich die Föderation von den schlimmen Folgen der Vernichtung erholen.
Viele Welten wurden zerstört, es müssen zahlreiche Verluste verbucht
werden und auch die Sternenflotte wurde stark dezimiert. Die Föderation
wurde dadurch um einige Jahre zurückgeworfen und muss mühevoll wieder
das aufbauen, was schon die letzten Jahre über litt: Welten, Schiffe und
vor allem Vertrauen. Dabei ist es umso wichtiger den Frieden innerhalb
der Planetengemeinschaft zu wahren, was ein denkbar schwieriger Prozess ist. Während
sich die Familie Picard-Crusher in Frankreich auf die bevorstehende
Geburt vorbereitet, nimmt Beverly gemeinsam mit dem zweiten Offizier der
Enterprise,
Miranda Kadohata, einen Mission auf Pacifica an. Dieser Wasserplanet
bietet nur wenige Landmassen und kaum Raum für die zahlreichen
Flüchtlinge aus dem Föderationsraum. Die Umstände im Lager sind prekär
und die Ärztin versucht gemeinsam mit anderen Abgesandten der Regierung die
Situation zu verbessern und etwaige Missverständnisse aufzuklären. Auch
die Sicherheitschefin Jasminder Chadhoury hat Probleme dabei, den
Verlust ihrer Familie zu verarbeiten. Unterstützung erhält sie dabei von
Commander Worf. Captain Picard sieht sich indes in der Zwickmühle.
Einerseits denkt er an die Gesundheit seiner schwangeren Frau,
andererseits muss er die Föderation vor dem drohenden Zerfall retten,
nachdem die Spannungen unter den Mitgliedsplaneten immer prekärer werden.
Meinung:
Nach
den actiongeladenen letzten Büchern, welche von der Borg-Invasion handelten, und der
“Destiny”-Trilogie schlägt William Leisner’s Roman in eine andere
Richtung. Kaum Gefechte, ein langsamer Spannungsaufbau und dennoch
berührend, vermittelt der Autor die Nachwirkungen dieser interstellaren
Katastrophe. Dies gelingt dem aus Minnesota stammenden Leisner sehr gut. Erfahrungen im "Star Trek"-Universum konnte er bereits mit einigen Kurzgeschichten sammeln, welche leider noch nicht in Deutschland erschienen sind. Somit stellt "Den Frieden verlieren" die hiesige Premiere für den bis dato eher unbekannten Autor dar.
Leid, Verzweiflung, Wut und Perspektivenlosigkeit zeichnet
sich bei den Charakteren ab. Der Grat zwischen Verzweiflung und aufkeimender Hoffnung ist
spürbar. Zu viele Verluste mussten hingenommen
werden und dennoch gibt es Hoffnung für die Zukunft, wie durch die
bevorstehende Geburt von Beverly Crushers und Jean-Luc Picards Sohn. Der Mensch Picard hat in den letzten Büchern der “The Next
Generation”-Reihe zahlreiche Wandlungen durchlebt. War es früher kaum
vorstellbar, dass der besonnene Franzose jemals heiraten oder Vater
werden wird, erlebt man nun einen emotionalen Mann, dessen Prioritäten
sich immer mehr der eigenen Familie annähern. So schlägt er auch eine
Beförderung zum Admiral aus, ohne dabei auf gewisse Handlungsfreiheiten
zu verzichten. Ein weiser Captain riet Picard, nie das Steuer aus der Hand zu geben. Das war Admiral Kirk im Film "Star Trek: Treffen der Generationen". So entscheidet sich Picard also aktiv das Geschehen an Bord der Enterprise zu gestalten und er kann die Regierung von Alpha Centauri, einem Gründungsmitglied der Planetenallianz, mit taktischem und politischen Kalkül dazu bewegen den angekündigten Rücktritt zu widerrufen.
Die Szenen im Flüchtlingslager wirken teilweise verstörend.
Hier tun sich Parallelen zur Realität auf. Die traumatischen Erlebnisse
eines Krieges oder der Verlust geliebter Menschen spiegeln sich im
Roman in der Figur von Jasminder Chadhoury wieder. In einigen Mediationssitzungen und Kampfübungen mit Worf versucht die sonst so starke Frau ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Dabei kommen sich die Senioroffiziere kurzfristig bedeutend näher. Eine langfristige Romanze ist aber (noch?) nicht erkennbar.
Ebenso wird nach wie vor Geordi LaForges Trauer um seinen Freund Data
(welcher im Film “Nemesis” starb) thematisiert. Der Chefingenieur des Schiffes ist in der Buchreihe leider generell das Stiefkind der Autorinnen und Autoren. Nur in den seltensten Fällen darf er aktiv agieren. Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen sind bei ihm an einer Hand abzählbar. Erneut hat man in diesem Buch etwas das Potenzial dieses Charakters verschlafen.
Mehr Aufmerksamkeit bekommt indes der Operationsoffizier Miranda Kadohata mit ihren eigenen Problemen nach den traumatischen Ereignissen nach der Borg-Krise. Während sich die aufstrebende Frau bewusst
für eine Sternenflottenkarriere entschieden hat, kann ihr Mann, welcher
alleine die gemeinsamen Kinder großzieht, weniger gut damit umgehen. So endet die Verabschiedung vor Kadohatas Mission im Streit. Dieser Umstand nagt sehr an ihrer Psyche und hegt Zweifel an ihrer Entscheidung.
Während des Einsatzes auf Pacifia haben Crusher und Kadohata auch Zeit über diese nicht-dienstlichen Angelegenheiten zu sprechen. Dabei wird auch sehr gut deutlich, dass die Ärztin nach wie vor an ihren Ex-Mann trauert, welcher vor Jahren bei einer Mission unter Picards Kommando starb. Einige Rückblicke bis zurück in die Kindheit von Beverly Howard runden diese intimen Einblicke in die familiären Hintergründe ab.
Es
sind die vielen zwischenmenschlichen Beziehungen, die dieses Buch
ausmachen und den aktiven Kampf gegen feindliche Aggressoren in den Hintergrund rücken lässt. Doch die nächste Gefahr droht durch
den sogenannten “Typhon-Pakt”. Somit wird die Handlung mit dem Roman
“Einzelschicksale” zusammengeführt. Eines ist sicher, die Föderation
kommt nicht zur Ruhe.
Fazit:
William
Leisner gelingt es die depressive Nachkriegsstimmung beklemmend und
realistisch einzufangen. Man leidet regelrecht mit den Protagonisten und
deren unterschiedlichen Problemen mit. Auf Dauer ist diese Stimmung
aber zu düster, da vor allem richtige Spannungsmomente fehlen. “Den
Frieden verlieren” ist ein guter Roman um die Lücke zwischen der
“Destiny”-Trilogie und der kommenden Serie “Typhon-Pakt” zu fühlen.
Eigenständig gesehen, könnte man meinen, man lese einen Zeitungsartikel
über die weltlichen Kriegsherde.
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