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Rungholt Band 2: Rungholts Sünde

Story:
Lübeck im Jahr 1392. Seit den Ereignissen von Rungholts Ehre sind kaum zwei Jahre vergangen, da muss der feiste Kaufmann wieder einen Mörder jagen. Ein offenbar Wahnsinniger schneidet seinen Opfern die Herzen aus dem Leib und ersetzt sie durch Steine. Kann der feiste Kaufmann ihn zur Strecke bringen, bevor die Angst vor dem "Lübecker Teufel" zu einem Aufruhr in der Stadt führt? Und was hat der dämonische Verräter Conrad van der Hune mit all dem zu tun? Klar ist jedoch eines: Diese Angelegenheit kommt sehr nahe an etwas, was Rungholt unter keinen Umständen ans Licht gebracht sehen will, an seine eigene schwerste Sünde...

Meinung:
Derek Meister schickt seinen ebenso dicken wie bärbeißigen Händler ein weiteres Mal auf eine blutige Spur. Und die ist diesmal noch blutiger: Bereits im ersten Band ging der Autor nicht gerade zimperlich mit seinen Figuren, und damit indirekt mit dem Leser, um. Schwere Verwundungen oder auch Todesfälle, durch Mord oder Unfall, gab es einige. Das hat sich in diesem Band noch verstärkt. Besonders die Morde des "Geiselbruders", wie er aufgrund seiner Neigung zur Selbstverstümmelung genannt wird, werden in fast allen brutalen Einzelheiten geschildert. Entsprechend ist "Rungholts Sünde" mit Sicherheit kein Buch für junge Leser.

Der Hansa ist diesmal weniger persönlich von den Ereignissen betroffen. Sah Rungholt im ersten Band noch seinen Lehrling und in der Folge auch sich selbst direkt bedroht, ist die Quelle seines Stolzes diesmal eher die Stadt. Er kann es nicht akzeptieren, dass jemand eine solche Blutschuld auf Lübeck lädt. Denn nach den damaligen Vorstellungen trifft die Schuld am Tod der Mordopfer auch die Gemeinschaft, und sie kann nur getilgt werden, wenn der Mörder gefunden und ordnungsgemäß gerichtet wird.

Passend wirkt auch der Erzählduktus weniger direkt und intensiv als in der vorherigen Geschichte. Der Roman liest sich zu Beginn wie ein "normaler" guter historischer Krimi. Das ist nicht als Abwertung gemeint, sondern als Unterschied zu "Rundholts Ehre", der auch Züge eines Thrillers aufwies. Im Laufe des Buches wird man jedoch nach und nach, fast unmerklich in die Geschichte hineingezogen.

Für Spannung ist sowieso gesorgt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Leser schon früh erfährt, wer der Mörder ist und warum er tötet. Dadurch hat der Leser oft einen Wissensvorsprung vor Rungholt und seinen Mitstreitern, und die Frage lautet vor allem, können sie den Wahnsinnigen aufhalten? Die genauen Schilderungen, die Meister dem Täter widmet, bewirken beim Leser auch ein interessantes Phänomen: Man erschreckt geradezu über sich selbst, wie nachvollziehbar und in sich logisch man seine Wahnideen findet – die Ideen, die ihn dazu bringen, nach bestimmten Kriterien andere Menschen zu ermorden und regelrecht auszuweiden.

Wie schon im Vorgängerroman trägt auch die geschickte Wortwahl des Autors zur Atmosphäre bei. Das kann offensichtlich sein, wie die Stützbalken in dem Gang, der zu einem verschütteten Haus führt, und die an den Rippenkäfig eines Menschen erinnern. Das kann aber auch hintergründiger sein, wie wenn Meister einige Büttel sich in den Produkten eines Spiegelmachers optisch vervielfältigen lässt, aufgrund der Ausschnitte und perspektivischen Verzerrungen als "aufgeschnittene, klaffende Körper" – wie die Opfer des "Lübecker Teufels". Das Talent von Derek Meister, mit seiner sehr bildhaften Sprache dem Leser die Handlung im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen zu führen, tut ihr übriges.

Da tut es gut, dass die Handlung immer wieder mit Humor aufgelockert wird. Dafür sorgt vor allem die Heilerin Sinje, die Rungholt des öfteren zur Weißglut treibt. Nicht nur erweist dieses unverschämte Weibsstück ihm nicht den Respekt, der ihm seiner Meinung nach als erfolgreichem Händler und Ratsmitglied zusteht, er kann sich auch nicht so recht gegen sie durchsetzen. Denn neben Köpfchen, Mut und Schnauze hat die Rothaarige eine ansehnliche Oberweite zu bieten, die sie großzügig zur Schau stellt. Diese beiden Aspekte des Romans sind geschickt miteinander verwoben. Beispielsweise lenkt der Anblick von Sinjes Brüsten einen Bauarbeiter derart ab, dass er prompt vom Gerüst stürzt. Was sich zunächst wie Slapstick anhört, erdet Derek Meister gleich wieder in der brutalen Wirklichkeit: Der Mann ist schwer verletzt und der Leser erfährt lange nicht, ob er überhaupt überlebt hat.

Gut gelungen ist dem Autor auch die Anknüpfung an das erste Abenteuer, man könnte sagen, die Continuity. Die Ereignisse in "Rungholts Ehre" sind in mehrerlei Hinsicht nicht ohne Folgen geblieben. Mirke und Daniel sind mittlerweile verheiratet, und die Geburt des ersten Kindes steht bevor – was den baldigen Großvater ebenfalls völlig überfordert. Rungholt bemüht sich, seine Wutanfälle besser in Griff zu bekommen, auch wenn seine Fortschritte in dieser Hinsicht noch recht begrenzt sind. Und sogar seiner panischen Angst vor dem Wasser stellt er sich, wenngleich mit noch weniger Erfolg bislang. Er bleibt aber immer noch der bärbeißige, stolze Rungholt, den die Leser des Vorgängerromans kennen.

An einigen Stellen zeigt sich außerdem deutlich, dass die Geschichte in einer Zeit des Umbruchs angesiedelt ist. Das Mittelalter geht zu Ende, und die Neuzeit zeichnet sich bereits am Horizont ab. Einerseits etwa spielen die anatomischen Kenntnisse des Kaufmanns eine nicht unerhebliche Rolle dabei, dem Mörder auf die Spur zu kommen. Auf der anderen Seite kann genau dieses Wissen ihn aber selbst in Schwierigkeiten bringen, unterliegt es doch immer noch einem strengen Tabu, den Körper eines Menschen zu öffnen. Der im negativen Sinne charismatische van der Hume sorgt dafür, dass viele bald glauben, man habe sich einen Dämon in die Stadt geholt und ganz Lübeck sei nun dem Untergang geweiht. Van der Humes Angebot, das an "Das Schweigen der Lämmer" erinnert, sorgt denn auch für zusätzliche Spannung. Kann man, soll man sich auf einen Handel mit dem Teufel einlassen, wenn es der einzige Weg zu sein scheint, einem anderen Teufel beizukommen? Die historische Einbettung insgesamt ist ohne erkennbaren Fehl, auch wenn nicht jedes Detail mit den Geschichtsbüchern übereinstimmen dürfte.

Fazit:
Derek Meister setzt seine Reihe um den mürrischen Kaufmann Rungholt mit einem gelungenen zweiten Band fort. Der Blutzoll ist diesmal noch höher und auch "anschaulicher". Im Vergleich zum ersten Teil ist die Geschichte ein Stück weniger intensiv, der Leser wird eher nach und nach in die Geschichte hineingezogen.

Rungholt Band 2: Rungholts Sünde - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Derek Meister
Rungholt Band 2: Rungholts Sünde
Erscheinungsjahr: 2007



Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck

Verlag:
Blanvalet

Preis:
€ 12,00

ISBN:
978-3-442-36311-7

570 Seiten
Positiv aufgefallen
  • Sehr bildhafte Sprache
  • Der Autor versteht es, die Spannung geschickt nach und nach aufzubauen
Negativ aufgefallen
  • Die Intensität der Geschichte ist ein Stück geringer
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Rezension vom: 30.05.2011
Kategorie: Historisches
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