Das Lied von Eis und Feuer 02: Das Erbe von Winterfell
Story:
Der König ist tot, und es entbrennt ein Krieg um seinen Thron. Verschiedene Familien erheben Anspruch darauf, weshalb es zu mancher Allianz kommt. Vertrauen wird aufgebaut und mancherorts sofort gebrochen. Und niemand bleibt von dieser Situation unverändert.
Meinung:
Mit "Das Erbe von Winterfell" setzt Blanvalet die Übersetzung des englischen ersten Bandes fort. Zuvor hat der Leser erfahren, dass der König von Westeros, Robert Baratheon, seinen alten Freund und Kriegskameraden, den Lord Eddard Stark, zu seiner neuen rechten Hand ernannt hat. Dieser gerät daraufhin in die Intrigen der Familie Lennister, die es auf den Thron abgesehen haben. Um an diesen zu gelangen schrecken sie vor nichts zurück, selbst nicht der versuchten Ermordung von kleinen Kindern.
Das Problem ist, das Eddard Stark ein absolut gerechter Ritter ist, der in der von Lügen erfüllten Welt des Hofes vollkommen fehl am Platz ist. Dies rächt sich, als der König bei einer Jagd ums Leben kommt. Die rechte Hand hat den falschen Menschen vertraut und wird schon bald verraten. Und obwohl er einwilligt, sich als Verräter zu stellen, wird er geköpft. Dies ist der finale Auslöser für einen Krieg, der ganz Westeros überschwemmt. Denn viele Familien sind mit dem neuen König, einem Lennister, nicht einverstanden, und erheben auf die eine oder andere Art Anspruch auf den Titel. Und auch die Starks wollen an dem neuen Herrscher Rache nehmen.
Wer an "Fantasy" denkt, meint Dinge wie Elfen, epische Geschichten oder Magie. George R. R. Martins Serie "Das Lied von Eis und Feuer" hat nahezu gar keins von diesen üblichen Elementen. Ein Kurz-Auftritt von Drachen ist beinahe der einzige Hinweis darauf, dass man es hier mit einer Erzählung aus diesem beliebten Genre zu tun hat.
Und trotz dieses Fehlens schafft es Martin fast problemlos, eine Geschichte zu erzählen, die den Leser in ihren Bann zieht. Gerade dadurch, dass ausnahmslos Menschen im Roman vorkommen, wirkt das Buch so faszinierend. Denn die vielen schrecklichen Taten, die in dem Band verübt werden, passen zu dem bekannten Bild, dass der grausamste Feind des Menschen eben jener selbst ist. Und so erlebt man Vergewaltigungen, Enttäuschungen und Verrat.
Dies zeigt sich besonders an dem Schicksal von Eddard Stark, der seinen Pflichten nachkommt und gerade deshalb zum Untergang verurteilt ist. Praktisch im Moment seines größten Triumphes, als er scheinbar endlich die Lennisters in seiner Hand hat, scheitert er. Diese von Martin als sehr nobel geschilderte Figur muss danach alle seine Prinzipien verraten, um das Überleben seiner Familie zu sichern. Und der Dank dafür ist der finale Verrat, der ihn sein Leben kostet. Hier zeigt sich die Begabung von Martin, seine Figuren so darzustellen, dass sie einem ans Herz wachsen.
Überhaupt versteht sich der Autor darauf, die verschiedenen Erzähler glaubhaft darzustellen. Dies merkt man beispielsweise an Tyrion Lennister, der wegen seines Kleinwuchses in der Familie zu leiden hat. Auf der einen Seite ist er hochintelligent und kann ein charmanter Plauderer sein. Aber andererseits kann er auch sehr sarkastisch und verletzend sein. Des Weiteren ist er auch darauf bedacht, seine Rache zu kriegen, egal wie lange es dauert. Durch diese Charaktereigenschaften wirkt er wie ein typischer, mit Fehlern behafteter Mensch.
Ebenso wird auch der Krieg alles andere als glorreich dargestellt. Martin macht klar, was für Auswirkungen dieser Konflikt zwischen den Stark und den Lennister auf erstere hat. Fast alle Kinder von Eddard tragen auf die eine oder andere Art Schaden davon. Bran ist querschnittsgelähmt, während der jüngste der Familie, Rickon, alles und jeden angreift und nur mit Mühe zurückgehalten werden kann.
Doch so spannend die Handlung auch ist, sie kommt nur äußerst mühselig in die Gänge. Es sind ausgerechnet die Erzählabschnitte von Eddard Stark, die für den Plot so wichtig sind, die dafür sorgen, dass die Geschichte etwas lahm anfängt. Denn hier will einfach keine Spannung aufkommen, wirkt sie eher lieblos geschrieben.
Auch irritiert es etwas, dass der Tod des Königs eher nebenbei beschrieben wird, obwohl er für den Plot von eminenter Wichtigkeit ist. Dadurch verpufft etwas potentielle Spannung.
Doch davon abgesehen ist "Das Erbe von Winterfell" ein "Reinschauen" wert.
Fazit:
Mit "Das Erbe von Winterfell" setzt George R. R. Martin seine "Das Lied von Eis und Feuer"-Reihe fort. Geschickt schildert der Autor eine Geschichte, in der fast ausnahmslos keine typischen Fantasy-Elemente vorkommen. Stattdessen ist man davon fasziniert, wie grausam der Mensch gegeneinander sein kann. Die Figuren wirken realistisch, und dass ein Krieg nichts Glorreiches ist, wird auch sehr gut dargestellt. Doch kommt die Handlung etwas schwer in die Gänge, und es irritiert dass der Tod des Königs eher nebenbei erzählt wird. Trotzdem kann man mit ruhigem Gewissen Reinschauen.
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