TKKG - 112: Die Skelettbande (Buch)
Story:
Eine unheimliche Bande, verkleidet als
Skelette, treibt ihr Unwesen in der Millionenstadt von Tim, Karl, Klößchen und Gaby. Auch in
der Vierstein-Villa, bei Karls Eltern, wird eingebrochen. Gruselige
Begegnungen schockieren auch die vier Freunde Schnell wird
klar: Das ist ein Fall für TKKG!
Meinung:
Die Viersteins sind in der
Beziehungskrise, Eltern haben keine Zeit für ihre Kinder - logisch,
sind ja alles erfolgreiche Menschen -, und die TKKGs wittern ein dunkles
Geheimnis.
Abgesehen vom letzten Punkt klingt das
nicht gerade nach einem Kinderbuch. Und es ist denoch genau
ein solches. Nachdem der Verlag cbj beschlossen hat, die Kultreihe um die
vier Detektive Tim (ehemals Tarzan), Klößchen, Karl und Gaby,
komplett zu überarbeiten und für den Kinderbuchmarkt aufzubereiten,
erschien nun erstmals ein neuer Band direkt mit diesem Konzept. Genau
auf solche Fortsetzungen ausgerichtet ist nun auch das neue Label von
RandomHouse: "CBJ avanti". Dieses ist spezialisiert auf
groß angelegte Serien. Das ist insofern gut, da sie bisher nur drei
Reihen im Programm haben und so TKKG größere Aufmerksamkeit
geschenkt wird.
In der Werbung wirbt der Verlag mit
"TKKG jetzt ganz neu". Hierbei handelt es sich um eine Serie, die es auf
bereits über 100 Bücher und 150 Hörspiele geschafft hat und seit 30 Jahren
Kult ist. Das Konzept sieht vor, die (alten) Folgen der
Neuzeit anzupassen und zum Beispiel Tarzan (Tim) nicht mehr als Karategott
und Einzelgänger darzustellen. Die Umsetzung ist jedoch sehr
fraglich geworden. So wurden beispielsweise veraltete Namen von Nebenfiguren
beibehalten ("Volker Krause" in Band 2 "Der blinde
Hellseher"), stattdessen ließ man die Bücher komplett von einem gewissen Herbert Friedmann neu
schreiben . Dieser tendierte dazu,
Sätze so zu vereinfachen, so dass sie komplett platt und auf unterstem
Sprachniveau klingen.
Diesen Auftrag hat scheinbar auch André
Kussmaul zu erfüllen, der sich für diesen Band verantwortlich
zeigt. Nach "Trainer unter Verdacht" und einem weiteren
Fall sein drittes Abenteuer von TKKG. Seine Erzählungen kommen bei
den Fans oft ziemlich gut an. Aber auch nur, weil viele der anderen Folgen nur als Mittelmaß anzusehen sind. Ein Überflieger wäre
wohl zu viel verlangt. Erstmals tat sich der Name "Kussmaul"
in Verbindung mit der seit 2005 geplanten Zeichentrickserie um die jugendlichen Detektive
auf. Mittlerweile scheint diese eingestellt und er - seines
Zeichens Drehbuchautor - widmet sich jetzt der Originalreihe.
Mit einfachen Sätzen, die für junge
Leser geeignet sind, erzählt er hier seine Geschichte. Leider
schmeißt er teilweise mit Fremdwörtern nur so um sich, die im
Gegensatz zu den Originalbänden von Stefan Wolf - dem Autor der über
100 Bände bis 2005 - nicht erklärt werden. Wieso also? Wenn selbst
geschultere Leser nachschlagen müssen, kann irgendetwas nicht
stimmen. Kussmaul gelingt es nicht, eine
annähernd spannende Atmosphäre zu schaffen. Auf
Umgebungsbeschreibung, Wetter und soweiter wird komplett verzichtet. Aber
gerade so etwas macht einen guten Roman aus. Der Leser muss sich in
der Geschichte wohl fühlen. Wie soll das ohne Beschreibungen
funktionieren? An dem Abenteuer an sich ist nichts
auszusetzen. Lustige Ideen wie dass der Dickste von allen, Willi - nicht
umsonst "Klößchen" genannt - sich während der
Ermittlungen als Hip-Hoper versucht und auch sonst nicht nur das
Schoko-fressende Monster ist, dass Tim - ehemals Häuptling genannt - mit
sich rumschleppt. Àpropos Ermittlungen. Diese gibt es
erfreulicherweise hier. In den meisten letzten Abenteuern der Vier
aus der Millionenstadt, sowohl bei den Hörspiel-Folgen als auch bei
den Büchern, war das nicht oft der Fall. Kommissar Zufall hat
weniger zu erledigen, sehr schön.
Während am Anfang noch Trübsal
geblasen wird - Karls Eltern in der Ehekrise - und das ganze sehr
offensichtlich geschildert wird, verfolgt einen das Thema den ganzen
Handlungsverlauf so unauffällig, dass es schon als fast genial
eingebaut bezeichnet werden kann. Es passt sehr gut dazu.
Bereits zu großer Prominenz haben es
die Gangsterdialoge bei TKKG gebracht. Der Leser verfolgt einerseits
den Handlungsstrang rund um die Vier, andererseits weiß er schon vor den
Ermittler-kids, wer die Bösen in diesem Fall sind, denn ein zweiter
Handlungsstrang lässt ihn genau deren Handlungen mit verfolgen. Auch in
diesem Band ist dies der Fall. Und zwar noch weiter ausgebaut, als in
einigen anderen. So werden die meisten Hintergründe schon im Laufe
der Ermittlungen recht klar. Dadurch braucht der Autor
Handlungsstrang eins nicht zu aufwendig gestalten und sich etwas Vernünftiges einfallen lassen, um das Illegale zu erklären. Gerade
der Neustart der Reihe durch cbj avanti wäre der perfekte Zeitpunkt
gewesen, von diesem Konzept wegzukommen und komplizierter gestrickte
Abenteuer zu präsentieren. Doch wurde dies versäumt.
Ebenfalls zum neuen Konzept gehören
die neuen Illustrationen vom Namensvetter des ehemaligen
Bundeskanzlers: Gerhard Schröder. Europa - das Label, bei dem die
TKKG-Hörspiele mittlerweile unabhängig von der Buchreihe erscheinen
- hat vorgemacht, wie es geht. Es wurde ein Studio aus Barcelona
verpflichtet, welches durch TKKG-Comics und -Nintendo-Spiele bekannt
ist: Comicon. Durch dieses und KB&B, dem Designerteam entstand
ein komplett neues Outfit: Moderne Zeichnungen und eine aufwendige
Gestaltung der CD-Hüllen. Nun war für die meisten klar, dass CBJ
nachziehen würde, was sie mit einem Jahr Verspätung ja auch taten.
Doch statt die Bücher der Hörspielreihe anzupassen, entschied man
sich zum oben bereits erwähnten Komplettumbruch. Das Fatale: Der für
TKKG bekannte Kult-Blau-Ton wurde durch ein Rot ersetzt und statt
moderne Illustrationen zu verwenden, nimmt man einen eher klassisch
angelegten Gerhard Schröder.
Seine Figuren variieren von Bild zu
Bild und selbst TKKG haben keinerlei prägnante
Wiedererkennungspunkte. Während Tim, Karl und Gaby noch einigermaßen
akzeptabel ausschauen, ist Klößchen (Willi Sauerlich) zu einer
Murmel mit Strichmännchengesicht geworden, dessen Haare angeklatscht
sind, egal was er tut.
Welches Kind will so ein Buch kaufen?
Gerade die Covergestaltung muss Wiedererkennungswert haben und die
Illustrationen müssen die junge Zielgruppe ansprechen. Das
TV-Programm ist voll von Zeichentrickserien, die das gleiche Prinzip verfolgen. So etwas verkauft sich.
Keine "Kunstwerke", die vor 20 Jahren vielleicht gepasst
hätten. Aber das war zu erwarten. Schließlich hat es der Verlag
grundsätzlich nicht mit der Moderne. So erscheinen auch die
"Teufelskicker", eine Serie, die erstmals 2006 erschien, im
sehr altmodischen Design. Auch diese Serie erscheint bei Europa, ebenfalls mit Comiccovern. Noch grausamer wird es bei den
Innenillustrationen. Bei 99 % der Motive ist lediglich eine Figur zu
sehen, alles andere nur als Umrisse. Zudem sieht alles nach sehr, sehr
wenig Aufwand aus. So sieht man auf einigen "Bebilderungen"
lediglich ein Gesicht. In diesem Fall sogar ein maskiertes. Sprich:
Augen, Nase, Mund auf schwarzem Kopf.
Vor einiger Zeit waren TKKG die "Drei
???" aus Deutschland. Sicher mit vielen Unterschieden in
Fallaufbau und den inhaltlichen Details. Jetzt kommt der Verlag und
versucht eine Kinderreihe draus zu machen. Das wäre dann im Optimum vergleichbar mit der sehr beliebten "Drei ???
Kids"-Reihe. Doch dem ist nicht so. Nur einmal als Vergleich: Alle Zeichner
bei den "drei ??? Kids" sind Comickünstler und demzufolge
ist deren Stil auch so. Die Figuren sind von Stefanie Wegner mit viel
Wiedererkennungswert gestaltet wurden und genau das wird auch von
allen anderen Zeichnern eingehalten. Die Innenillustrationen sind
vergleichbar mit Comicpanels. Sprich: Alles auf den Bildern ist nicht
nur mit Umrissen zu sehen, sondern ausgearbeitet. Das Backcover wird
durch drei farbige Motive geschmückt. Und genau das ist der aktuelle
Standard, wie sich sicherlich mit den Verkaufszahlen sehr gut
beweisen lässt. So konnten allein 2009 100.000 Exemplare verkauft
werden. Ob TKKG auch nur annähernd daran anknüpfen kann, ist
fraglich. Der Verlag hat eine Mischung aus "Drei ???" und
"Drei ??? Kids" geschaffen - nur schlechter.
Während der einheitlich blaue
Buchrücken bei vielen - auch Nichtfans - bekannt war, übersieht man
die rot/schwarzen Büchlein sehr schnell und muss lange suchen, bis
man sie findet. Zudem ist die Aufmachung auf billigste Art und Weise
auf eklig stinkenden, bräunlich-gelbem Dünnpapier eher ein
Gurken-Highlight.
Fazit:
Im Rahmen der Reihe TKKG hebt sich "Die
Skelettbande" klar vom Mittelmaß ab. Ein wirkliches Highlight
stellt es aber - z.B. aufgrund der fehlenden Atmosphäre - nicht dar.
André Kussmaul greift das ernste Thema des
Kinder-Eltern-Verhältnisses auf und es gelingt ihm, auf
unkomplizierte Weise es ganz nebenbei in den Fall einzubinden. Ganz
anders sieht es bei den Neuerungen des Verlages aus. Der gute Vorsatz,
eine moderne TKKG-Reihe zu schaffen, ist komplett verfehlt wurden.
Hier wurde an den falschen Stellen angesetzt und vieles
verschlimmbessert - viel Luft nach oben.
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