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Lilith

Story:
Nach den Geschehnissen in "Lycidas" hat sich die junge Emily Laing mehr oder weniger gut in ihrer neuen Umwelt eingerichtet. Sie ist in eine Dachkammer in Hampstead Manor gezogen, besucht tagsüber die Schule bei Miss Monflathers und wird die restliche Zeit von ihrem Mentor Wittgenstein ausgebildet.

Vier Jahre sind vergangen, als ein brutaler Mord Emily und Wittgenstein wieder in die uralte Metropole führt. Offenbar sind Wesen nach London gekommen, denen sogar die Engel hilflos ausgeliefert sind. Aber auch diejenigen, die gegen die neue Gefahr angehen wollen, sind in der Wahl ihrer Methoden alles andere als von Skrupeln behaftet, wie Emily bald feststellen muss. Als ihre beste Freundin Aurora und der Elf Maurice Micklewhite von einer Erkundungsreise in die uralten Metropolen unter Paris und Konstantinopel nicht wieder zurückkehren, zeigt sich, dass die Geschehnisse weit über London hinaus reichen.

Wem kann Emily trauen? Wer ist ehrlich zu ihr, wer benutzt sie mit welcher Absicht? Sicher kann sich das junge Mädchen nur in einer Hinsicht sein: Sie steckt wieder mitten in einem gefährlichen Abenteuer, das sie mit Leichtigkeit das Leben kosten kann – und mehr...

Meinung:
Was Christoph Marzi in "Lycidas" begonnen hat, setzt er in "Lilith" ungemindert fort. Er erzählt eine hochspannende Geschichte, die vor Fantasie nur so übersprudelt. Dabei lässt er sich sichtbar aus den verschiedensten Kulturen und Epochen inspieren. Das pharaonische Ägypten ist ebenso vertreten wie Gestalten aus dem Alten und Neuen Testament, Hindu-Götter, die Welt von Tausendundeiner Nacht, europäischer Aberglaube der beginnenden Neuzeit und, auch diesmal, die Hölle.

Aus all dem erschafft Marzi ein in sich stimmiges Universum, ohne die einzelnen Elemente übermäßig zurechtzubiegen. Während der Autor sich im ersten Buch noch an einigen Stellen der üblichen Fantasy-"Standards" wie Elben, Werwölfe oder Irrlichter bediente, gibt es in "Lilith" auch eine ganze Reihe von Geschöpfen und Konzepten, die dem Leser nicht von vielen anderen Autoren vertraut sind.

Zu den neuen Gestalten kommen, neben den Hauptfiguren, nur wenige alte Bekannte. Diese schaffen dann jedoch eine logische Verbindung zu "Lycidas", die auch einige Ereignisse aus dem ersten Band in neuem Licht erscheinen lässt. Solche Neubewertungen, solche Wechsel gehören zu den typischen Merkmalen der ganzen Serie. Auch Emilys Einstellung, und damit die des Lesers, zu einigen Charakteren ändert sich im Lauf der Geschichte, während man immer mehr über sie erfährt. Diese Figuren überschreiten die undeutliche Linie zwischen "Gut" und "Böse", teilweise gleich mehrfach hin und her.

Oder besser gesagt, diese Linie gibt es eigentlich gar nicht. Kein Charakter ist rein schwarz oder weiß, sie zeigen höchstens unterschiedliche Schattierungen von Grau. Und so müssen auch Emily und ihre Mitstreiter schon mal Kompromisse eingehen und mit Verbündeten zusammenarbeiten, die sich grauenhafter Taten schuldig gemacht haben (und dies weiterhin tun). Auch am Ende ist die Welt bei weitem nicht in Ordnung.

In einer weiteren Hinsicht ist "Lilith" die direkte Fortsetzung von "Lycidas", nämlich in der Erzähltechnik. Auch in diesem Buch gewinnt der Autor Spannung nicht zuletzt aus Auslassungen und Zeitsprüngen. Eine Andeutung fesselt das Interesse des Lesers und lässt nichts Gutes für die Helden erahnen. Bevor man jedoch näheres erfährt, folgt in der Regel eine lange Rückblende. Und mit "lange" ist hier wirklich lange gemeint. Ein besonders deutliches Beispiel sind die Aufzeichungen einer Freundin Emilys (ist sie wirklich eine Freundin?), die unsere Heldin liest und die der Autor als "Roman im Roman" eingefügt hat. Diese Aufzeichnungen könnten durchaus als eigener Roman durchgehen, sowohl von der Länge her – immerhin fast ein Viertel der insgesamt knapp 700 Seiten – als auch in Inhalt und Aufbau. Und, wer hätte es gedacht, auch diese Erinnerungen enthalten wiederum eine Rückblende...

Diese große Rückblende ist außerdem in einem merklich anderen Stil geschrieben. Während der größte Teil von "Lilith" dem aus "Lycidas" bekannten, ausgesprochen knappen Stil folgt, sind hier die Sätze länger und auch der Duktus und Tonfall ein anderer. Das zeigt deutlich, dass Marzi den Stil, in dem Mortimer Wittgenstein (und der allwissende Erzähler, wenn Wittgenstein gerade abwesend ist) berichtet, bewußt gewählt hat und durchaus mehr als diesen einen Stil beherrscht.

Zeitlich wirkt "Lilith" stärker in unserer modernen Welt verankert als das diesbezüglich etwas undefinierte "Lycidas". Das liegt nicht zuletzt daran, dass diverse früheren Perioden, vom pharaonischen Ägypten bis zum frühen zwanzigsten Jahrhundert, als schon lange zurückliegend dargestellt werden.

Wie schon der Vorgänger eignet sich dieser Roman nicht für sehr junge Leser. Viel jünger als die inzwischen sechzehnjährige Emily sollte man nicht sein, wenn man sich in die Welt der uralten Metropolen begeben möchte. Grund für diese Empfehlung ist zum einen die schiere Komplexität der Welt, die Christoph Marzi den Lesern zeichnet. Es ist nicht immer einfach den Überblick zu behalten, wer sich in welcher Epoche hinter welchem Namen verborgen hat, wer wen mit welcher Lügengeschichte für welche Zwecke eingespannt hat, oder wer in welchem Umfang und mit welchen Zielen auf welcher Seite steht. Zum anderen ist die Geschichte ausgesprochen spannend und emotional fordernd erzählt. Vor allem Emily, aber auch andere Charaktere müssen einiges ertragen, körperlich wie seelisch. Speziell jemand, der (um nicht zu viel zu verraten) für Emily sehr wichtig ist, muss gleich zwei Mal mit einem einschneidenden Verlust fertig werden. Der Leser mag dieser Figur wünschen, dass sie im dritten Band "Lumen" ihren Platz in der Welt finden und auch behalten wird.

Emilys Platz in der Welt, die den meisten Menschen verborgen bleibt, scheint sich derweil immer deutlicher abzuzeichnen. Das Mädchen wird mehr und mehr in politische Machenschaften einbezogen und ist nicht selten der entscheidende Faktor, welche Seite die Oberhand gewinnt. Es wäre nicht überraschend, wenn der Leser sie im folgenden Band doch noch an der Spitze des Hauses Manderley oder gar in noch höherer Position finden würde. Dies zu erzählen, falls es tatsächlich dazu kommt, bliebe jedoch "Lumen" vorbehalten. "Lilith" hinterlässt den bestmöglichen Eindruck, um den Leser mit hohen Erwartungen die ersten Seiten von "Lumen" aufschlagen zu lassen.

Fazit:
Nach einem rundum überzeugenden Debüt lässt Christoph Marzi einen ebenso guten zweiten Teil folgen. "Lilith" eignet sich wunderbar zum Schmökern, Mitfiebern und auch Mitleiden und macht Appetit auf den dritten Band.

Lilith - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Christoph Marzi
Lilith
Erscheinungsjahr: 2005



Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck

Verlag:
Heyne Verlag

Preis:
€ 14,00

ISBN:
978-3-453-52135-3

688 Seiten
Positiv aufgefallen
  • Gelungene Fortsetzung der Abenteuer in der uralten Metropole und weit darüber hinaus
  • Macht Appetit auf den nächsten Band
Negativ aufgefallen
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Rezension vom: 06.07.2009
Kategorie: Fantasy
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