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EPUB3: Neue konzeptionelle Möglichkeiten für E-Books

Bisher sahen sich viele Verlage, die ihre Bücher zu E-Books umsetzen wollten, vor eine Entscheidung gestellt. Sie konnten "richtige" E-Books machen, die auf dem Standard EPUB 2.0.1 basierten. Hinter einem Buch im EPUB-Standard steckt im Prinzip eine als ZIP-Archiv zusammengeschnürte Website. Allerdings bietet EPUB2 keine Unterstützung für interaktive Elemente mit JavaScript, verbreitete Elemente von Büchern wie Fußnoten lassen sich nur auf Umwegen realisieren und Multimedia ist ein schwieriges Thema. Die anderen Möglichkeit ist, eine App, wie man sie vom Smartphone oder Tablet her kennt, zu entwickeln. Hier gibt es viele Möglichkeiten, die der bisherige Stand von EPUB nicht bietet. Allerdings ist die Entwicklung einer App aufwendiger und damit teurer als ein E-Book zu erstellen, und nicht viele Leser werden in den Marktplätzen ihres jeweiligen Smartphone-Systems nach Lektüre suchen. Hierfür sind Vertriebswege wie iTunes die bessere Wahl.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma soll EPUB3 sein. Das ist eine Weiterentwicklung von EPUB2, die viele neuen Möglichkeiten bietet. Einige davon erklärte Uwe Matrisch von le-tex. Das Unternehmen bezeichnet seinen Tätigkeitsbereich als Content Engineering. Darunter verstehen sie das gesamte Feld an Aufgaben und Tätigkeiten, bis das E-Book fertig ist, von der Aufarbeitung und Konvertierung von Daten über Satz, Layout und Redaktion von Texten bis zu Bildbearbeitung und Verlagsherstellung.

EPUB3 selbst ist jedoch kein Produkt von le-tex, sondern ein international anerkannter Standard, wie zum Beispiel das aus dem Web bekannte HTML. Und genauso wie sich das World Wide Web Consortium (W3C) um HTML kümmert, steht auch hinter EPUB ein Gremium, nämlich das International Digital Publishing Forum (IDPF). Hinter EPUB3 steckt dabei keine einzelne Technologie, sondern ein ganzes Bündel von Standards, die die verschiedensten Zwecke erfüllen. HTML ist in der aktuellen Version HTML5 vertreten, für die Gestaltung sorgt CSS3, das gegenüber dem alten CSS2.1 viele neue Fähigkeiten dazugelernt hat. JavaScript steht sozusagen etwas auf Schwelle: Grundsätzlich kann man die Programmiersprache benutzen, um seine E-Books interaktiv zu machen. Allerdings bietet nicht jedes Lesegerät, das sich EPUB3-tauglich nennt, auch zwingend JavaScript-Unterstützung. Es gibt jedoch im neuen Standard auch andere Möglichkeiten, ein gewisses Maß an Bewegung in sein Buch zu bringen. Neu ist die Möglichkeit, Metadaten zum Buch in Formaten einzubringen, die in der Buchbranche vertraut und gebräuchlich sind, wie ONIX, XMP oder dc (dublin core).

Aber EPUB3 hat auch noch problematische Stellen. Bisher konnten sich die Produzenten von Lesegeräten (und die von Webbrowsern) nicht auf ein gemeinsames Format für Audio- und Videodaten, die in HTML5 eingebunden werden sollen, einigen. Bei Websites ist das weniger schlimm, weil der Browser einfach die Fassung vom Server abrufen kann, die er abspielen kann. Bei einem E-Book muss dasselbe Video jedoch in mehreren unterschiedlichen Formaten nicht nur auf dem Server liegen, sondern in jeder Kopie des Buchs enthalten sein.

Möglichkeiten für den inhaltlichen Einsatz von Video oder Audio in einem Buch gibt es jedenfalls eine ganze Reihe, wie Uwe Matrisch ausführt, sowohl im belletristischen Bereich als auch im Sachbuch. Man kann etwa die gewünschte Atmosphäre unterstützen oder komplexe Vorgänge leichter verständlich darstellen. Zusatzmaterial wie Interviews mit dem Autor, wie man es von DVDs kennt, sind eine weitere Möglichkeit.

Derzeit noch eher Zukunftsmusik ist CSS Speech. Dieser Standard ermöglicht es, einem E-Book, das vorgelesen werden soll, Informationen zum Beispiel über die gewünschte synthetische Stimme oder die Lesegeschwindigkeit mitzugeben. Wie bereits erwähnt sind Animationen auch möglich, wenn das Lesegerät kein JavaScript unterstützt. Dazu dient CSS Transform, mit dem man Elemente schieben, biegen und in der Größe ändern kann, eben sie transformieren. Ist JavaScript vorhanden, kann man damit neben vielem anderen Elemente ein-, aus- oder überblenden, Berechnungen anstellen oder auf dem sogenannten Canvas zeichnen. Eine interessante Möglichkeit ist auch, eine Art Rückkanal zu bieten. Damit können die Leser etwa ihre Meinung an den Verlag schicken, oder Schüler die Ergebnisse ihre Hausaufgaben direkt miteinander vergleichen.

EPUB3 ist jedoch noch längst nicht auf jedem Lesegerät verfügbar, tatsächlich ist der Standard bislang noch nicht einmal formell endgültig verabschiedet. Für eine Übergangszeit muss ein E-Book also sowohl mit EPUB2 als auch mit EPUB3 zurechtkommen. Hierzu gibt es das sogenannte switch-Element, das verschiedene Fassung des E-Book-Codes für verschiedene unterstützte Versionen des Standards ermöglicht. Das Lesegerät zeigt dann jeweils die Version an, mit der es umgehen kann.

Bislang war es eher üblich, bereits fertige Printausgaben eines Buchs nachträglich als E-Book umzusetzen und es dabei mit den zusätzlichen Möglichkeiten gegenüber gedrucktem Papier anzureichern. Uwe Matrisch sprach von "enhanced E-Books". In Zukunft werden die neuen Möglichkeiten seiner Meinung nach jedoch schon während der Arbeit an der Printfassung eingeplant werden.

Wir haben den Vortrag von Uwe Matrisch auf Video aufgenommen und arbeiten den Film gerade auf. Sobald er fertig ist, werdet Ihr ihn Euch hier ansehen können.

Update: Inzwischen ist der Filmmitschnitt fertig und unter diesem Bericht direkt anzuschauen.



Daten dieses Berichts
Bericht vom: 14.10.2011 - 00:07
Kategorie: Filmmitschnitte
Autor dieses Berichts: Henning Kockerbeck
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