Polizei wirft Licht auf verlorenen Roman

Eigentlich werden damit Fingerabdrücke untersucht, aber einer blinden Schriftstellerin in Dorset holte es die Worte zurück
Trish Vickers aus dem kleinen Ort Charmouth im britischen Dorset verlor vor einigen Jahren wegen ihrer Zuckerkrankheit ihr Augenlicht. Um geistig beweglich zu bleiben, beschloss sie, ihren ersten Roman zu schreiben. Nicht mit großen Erwartungen, mehr als Hobby bringt sie die nach ihren eigenen Worten "einfache" und "freundliche" Geschichte über ein junges Mädchen zu Papier. Da sie die Zeilen auf den Blättern nicht mehr sieht, orientiert sie sich eigens dafür gespannten Gummibändern.

Leider sieht sie auch nicht mehr, ob ihr Stift tatsächlich etwas auf dem Papier hinterlässt. Und das hätte sie fast einen Teil ihres Buches gekostet. Denn als sie ihren Sohn bat, ihr die bisher geschriebenen 26 Seiten noch einmal vorzulesen, konnte der das nicht: Der Stift war leer geschrieben, und die Blätter waren schlicht leer.

Aber die Polizei ist bekanntlich der Freund und Helfer, und tatsächlich konnten die Ermittler Trish Vickers helfen. Nach langen Überlegungen wandte die Autorin sich an das Polizeihauptquartier von Dorset. Dort machten sich die Spezialisten für Fingerabdrücke daran, den verloren geglaubten Text wiederherzustellen. Denn unter einer Lampe, die normalerweise Fingerabdrücke und andere Spuren genau ausleuchtet, warfen die Vertiefungen, die der Stift im Papier hinterlassen hatte, gut erkennbare Schatten.

Auf diese Weise konnten die Experten den gesamten Text außer einer Zeile wiedergewinnen, berichtet die britische Zeitung "The Telegraph". Die Spezialisten hatten über fünf Monate ihre Mittagspause darauf verwandt, Trish Vickers' Geschichte Stückchen für Stückchen rekonstruiert.

Die Autorin will nun ihr Erstlingswerk auf alle Fälle fertigschreiben und an einen Verlag schicken. In dem Roman mit dem Titel "Grannifer's Legacy" muss die Hauptfigur Jennifer damit fertig werden, dass ihr bisheriges Leben in sich zusammenbricht. Sie verliert ihren Job, ihren Freund und ihre Großmutter, die eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielte. Die Geschichte schildert, wie Jennifer nach diesen Erfahrungen ein neues Leben startet.

Trish Vickers weiß noch nicht, wann sie das Buch fertig geschrieben haben wird. Einmal pro Woche tippt ein freiwilliger Helfer den Text, den die blinde Dame von Hand geschrieben hat, ab. Aber eines weiß die glückliche Neuautorin genau: Die Polizeispezialisten von Dorset werden in der Widmung ganz oben stehen.